Donnerstag, 13. Januar 2011

Empty Rooms

Leere Häuser und Räume haben den Vorteil, daß wir sie mit unseren eigenen Erinnerungen füllen können.

Mit einer ganzen Kiste voll Haushaltsreinigern, Schwammtüchern und jeder Menge Tatkraft, kam ich am Umzugstag im neuen Haus an.

Während zuhause die Mitarbeiter der Spedition fleissig Kisten, Möbel und all die anderen Dinge in den  Umzugswagen schleppten, wollte ich hier alles für ihre Ankunft vorbereiten. Also ging ich von Raum zu Raum, überlegte, was sie wohl zuerst bringen würden und wo ich anfangen sollte. Ich setzte mich auf die Treppe, mal hier auf den Boden, mal dort. Ich berührte die alten Balken, sah aus den Fenstern und bestaunte die Bäder.

Nach einiger Zeit beschloss ich, mich zuerst den fremden Geistern anzunehmen. Ich hatte in einem Artikel davon gelesen und es hatte mir eingeleuchtet. Schließlich, so schrieben sie, ist das eine jahrhundertalte Tradition.

Also zündete ich das Bündel Weihrauch an und ging so von Raum zu Raum, ließ den Rauch seinen Weg finden und murmelte mein ausgedachtes Mantra. (Dann fiel mir ein, daß in jedem Raum Rauchmelder installiert sind und ich öffnete schnell alle Fenster und Türen...)

 Ich war wirklich fleissig an diesem Tag, entstaubte Balken und Wände, putzte Holzböden und Fenster und schrubbte die Bäder.

So leergeräumt kamen mir die Räume ganz anders vor. Viel größer und im nächsten Moment viel kleiner. (eine zeitlang hatte ich wirklich Angst, daß die Möbelpacker sämtliche Dinge wieder mitnehmen müssten, weil wir uns mit der Raumaufteilung völlig vertan hatten...)

Mir kam der Gedanke, daß ich noch nie so bewußt ein leeres Haus betrachtet hatte. Natürlich, ich bin schon einige Male umgezogen, aber irgendwie ging es immer darum, möglichst schnell alles von einer Wohnung in die nächste zu bringen. Es kam mir vor, als hätte ich nun die Möglichkeit, Wünsche zu verteilen und jeden Raum damit zu füllen. (Vorsichtshalber tat ich genau dies...)

 Als ich irgendwann mit meinem Teil der Arbeit fertig war, setzte ich mich mit meiner Tasse Kaffee (in der Kiste war neben den Putzsachen auch die Kaffeemaschine und eine Tasse) in die Mitte des unteren Raumes, genoss die Stille und atmete tief ein. Die Räume kamen mir nicht mehr so leer vor, ich konnte uns darin spüren und sogar riechen. (vielleicht lag das aber auch daran, daß es die gleichen Reiniger wie immer waren...)

Und dann kamen die Möbel, Kisten und Dinge, von denen ich hoffte, daß sie aus diesem leeren Haus ein Zuhause machen würden.

Es kann eine gute Idee sein, sich ein Ideenbuch zuzulegen. Mir hat es sehr geholfen und ich benutze es seit langer Zeit.
In diesem Buch sammele ich alles, was mir über den Weg läuft. Ich klebe Farbtabellen ein, Foto`s von Möbeln und Einrichtungssachen, fertige Skizzen zu Dekoideen an und stopfe es mit rausgerissenen Katalog- und Zeitschriftenseiten voll. Manche Dinge bleiben, andere sortiere ich nach einiger Zeit wieder aus, weil sie mir nicht mehr gefallen.

Gerade, wenn man längere Zeit auf der Suche nach einem neuen Zuhause ist (so wie wir es waren), verkürzt es die Zeit bis es endlich soweit ist und man kann in Ruhe planen, überlegen und die Dinge auf sich wirken lassen.

 Ich habe versucht, mit einem Computerprogramm Einrichtungspläne zu erstellen, aber das war zu kompliziert für mich.

Schließlich bin ich, wie so oft vorher, beim guten alten Milimeterpapier gelandet, habe Grundrisse eingezeichnet und Möbel ausgeschnitten.

Ist es nicht herrlich, ganz ohne Mühe die Möbel zu verstellen und immer wieder neue Kombinationen auszuprobieren? (jedenfalls macht es Spaß, wenn die Möbel sowieso noch nicht in den Räumen stehen und man nicht sämtliche Schränke und Sessel verrückt, nur um dann festzustellen, daß es in Wirklichkeit doch ganz anders aussieht, als auf dem Planpapier...)

 Ich mag leere Räume. Solange ein Raum ganz leer ist, hat man die Wahl. Man kann frei entscheiden, wie man ihn benutzen und einrichten will. Alles ist noch offen und möglich. So wie an diesem ersten Tag wird es nie wieder sein. (Leere Räume entstehen auch durch Auszüge, aber das macht wesentlich weniger Spaß...)

 Abends herrschte Chaos in allen Räumen. Die Möbel standen zwar an ihrem Platz, aber in jedem Raum türmten sich Umzugskisten (die ich zwar alle beschriftet hatte, aber irgendwie landen diese Dinge nie dort, wo sie hin sollen...) und es war alles andere als gemütlich.

Müde und staubig fanden wir uns schließlich, nachdem alle gegangen waren, mit einem Glas Wein auf dem Boden wieder (irgendwie konnten wir weder Tisch noch Stühle finden...) und stellten verwundert fest: Wir sind zuhause.

Leere Häuser und Wohnungen haben den Vorteil, daß wir sie mit unseren eigenen Erinnerungen füllen können. Wir sollten die glücklichen Momente darin genießen, damit wir Trost in traurigen Zeiten finden. Wir müssen unsere Häuser und Wohnungen mit Leben füllen, damit daraus Erinnerungen wachsen können, die uns dabei helfen, die wichtigen Dinge des Lebens nicht aus den Augen zu verlieren.

Leere Häuser und Wohnungen haben den Vorteil, daß wir sie mit unseren eigenen Erinnerungen füllen können und wenn wir dies mit Liebe tun, dann werden aus leeren Räumen ein Zuhause.

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